Mit Terrasse, familienfreundlich, Reservierung erforderlich

Wenn es Abend wird am Bruchsee, verschwindet die Kulisse des unschicken Kastens von einem Hotel gnädig in der hereinbrechenden Nacht. Dann braucht der Gast im Dämmerlicht eine Lampe, um die Rechnung noch lesen zu können, die im hässlichen Kunstleder-Etui an den Tisch gebracht wird. Halt, zurück. Falscher Anfang für einen Bericht vom Restaurant im idyllischen Garten des Vier-Sterne-Hotels am Bruchsee.

Die Küchenleistung hat uns die Sprache verschlagen. Wer erwartet denn hier solch bodenständige Brillanz? Die Kulisse scheint wie aus einem Ferienprospekt. Im Hintergrund die von der Abendsonne angestrahlten Bergstraßenhügel, davor der idyllische Bruchsee mit einer winzigen Marina, viel Grün umrahmt die Terrasse. Die nahegelegene Rhein-Neckar-Bahn röhrt zwar ein wenig, sonst herrscht Ruhe, als uns die Küche mit einem Löffel aromatischem Ziegenfrischkäse grüßt.

Könnten Pfifferlinge pfeifen, mit denen die Küche nicht geizt, es wäre ein munteres Gezwitscher auf der Terrasse, denn das tadellos sautierte Pilzragout zum Semmelknödel (13 €) ist reichlich bemessen, und der Pulpo-Salat (12,80 €) unter einem frischen Busch Rucola ist nicht nur butterzart, sondern auch aromatisch zubereitet. Der Riesling vom Heppenheimer Weingut Freiberger (0,2 l/4,70 €) wächst am Schlossberg und begleitet unsere Vorspeise. Eine gute Wahl, wenngleich wir uns den Tropfen etwas kühler gewünscht hätten. Beim Roten hilft uns der Zufall, denn die freundliche Bedienung offeriert uns einen Pfälzer Roten und bringt eine angebrochene Flasche vom Laumersheimer Weingut Knipser an den Tisch, von der wir uns gleich zwei Mal 0,2 l zu 9,20 € genehmigen.

An den Kalbsleberstreifen (19,50 €) auf einer ordentlichen Portion al dente zubereiteter Tagliatelle ist ebenfalls rein gar nichts zu beanstanden. Sie sind nicht trockengebraten, sondern zart und saftig – und wieder twittert es ein köstliches Konzert der gelben Schwammerl. Das Gericht ist vom ersten bis zum letzten Bissen ein Genuss, was auch für das Rumpsteak (25 €), medium-rare wie bestellt, gilt: ein von Anfang bis Ende vortreffliches Stück Fleisch, das dem Kauwerkzeug genau so viel Widerstand leistet, dass jeder Bissen zum Geschmackserlebnis wird.

Das Gemüse-Potpourri (Sellerie, Karotte, Pastinake, grüner Spargel, Paprika) ist bissfest und überzeugt durch Eigengeschmack. Lediglich die Bratkartoffeln, als „Sättigungsbeilage“ mit 3,50 € extra berechnet, bleiben etwas hinter der Gesamtleistung zurück. Die marinierten Beeren mit einer Kugel Vanille-Maracuja-Eis (8,50 €) ist geschmacklich das krönende Tüpfelchen auf dieser perfekten Performance. Als Digestif erfreuen wir uns an Grappa von der Bergstraße (5,50 €). Ihn lassen Freibergs aus dem Trester ihres vorzüglichen Rieslings brennen. Ein feiner Abschluss für diese rundum gelungene Gaumenfreude.

Quelle: JOURNAL FRANKFURT/RHEIN-MAIN GEHT AUS! 2018

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